Neue Forschungen zum berühmtesten Grab im Tal der Könige: Sethos I. KV 17

In der Umgebung des Grabes Ramses' X. (KV 18) wurden Objekte aus dem benachbarten Grab Sethos' I. (KV 17) entdeckt. Das Grab Sethos' I. ist neben demjenigen Tutanchamuns das berühmteste im Tal der Könige («Belzoni's tomb»).

Bei unseren Funden aus dem Grab Sethos' I. handelt es sich zum einen um Objekte, die zur Grabausstattung gehörten, zum anderen um Wand- und Deckenfragmente. Letztere führen mit ihren Dekorationsresten zu neuen Fragen zur Baugeschichte des Grabes.

Abb. 1: Der Eingang zu «Belzoni's Tomb»

Abb. 1: Der Eingang zu «Belzoni's Tomb»

Dank den Basler Neufunden aus der Umgbung der Gräber KV 18 und 17 deutet nun alles darauf hin, dass die Sarkophaghalle des berühmtesten Grabes im Tal der Könige einer architektonischen und ikonographischen Umgestaltung unterzogen wurde – vermutlich aufgrund eines Deckeneinsturzes.

Team MISR

Im Zuge der Arbeiten in der Umgebung des Grabes Ramses' X. KV 18 wurden viele Fragmente von Wänden und Decken aus dem Grab Sethos' I. gefunden. Dazu wurden Fragmente dokumentiert, die seit langer Zeit in Nebenräumen der Sarkophaghalle von KV 17 gelagert waren. Die Untersuchungen ergaben interessante Befunde.

  • Bestehende Dekorationen können ergänzt werden (Abb. 2).
  • Während in den königlichen Gräbern des Tals der Könige vor Sethos I. die Decken der Sarkophaghalle flach sind, ist bei Sethos I. die Decke im unteren Teil gewölbt. Dass dies ursprünglich nicht so war, zeigen u.a. flache Fragmente der Deckendekoration mit astronomischen Darstellungen, die eine Dublette der bestehenden gewölbten Deckendekoration darstellen (Abb. 3). «Aus unbekannten Gründen (vielleicht aufgrund eines unvorhergesehenen Einsturzes) wurde der flache Teil der Decke wohl zusammen mit der astronomischen Szene zerstört und durch die heutige gewölbte Decke mit der zweiten Fassung der astronomischen Malerei ersetzt. Die Bruchstücke der ersten Fassung wurden vielleicht dabei entfernt und zusammen mit weiterem Bauschutt im äusseren Grabumfeld deponiert» (F. Mauric-Barberio 2017, 121).
  • Fragmente der Wanddekoration (Abb. 4–5) führten zu folgendem Schluss: «In der ersten Dekorationsphase wurde der Schlusstext aus der 1. Stunde des Amduat auf der Rückwand der Grabkammer angebracht. Der nachträgliche Bau der Seitenkammer P [= Jc entspr. Theban Mapping Project, Anm. d. Red.] bewirkte aufgrund der neu entstandenen, grossen Türöffnung die Zerstörung der unteren Dekorationshälfte. Die obere Partie über dem Durchgang musste also getilgt werden, damit an dieser Stelle eine zweite Version des Textes angebracht werden konnte. Auf der nun verkleinerten Fläche musste der Text in komprimierter Form eingraviert werden: durch die Reduktion der Kolumnenbreite und die Verwendung kürzerer hieroglyphischer Schreibweisen» (F. Mauric-Barberio 2017, 123).
Abb. 2 Passstück der Wanddekoration

Abb. 2 Passstück der Wanddekoration

Abb. 3: Fragmente der ersten Dekoration der Decke

Abb. 3: Fragmente der ersten Dekoration der Decke

Abb. 4: Fragmente der ersten Wanddekoration

Abb. 4: Fragmente der ersten Wanddekoration

Abb. 5: Fragmente der zweiten Version desselben Textes von der aktuellen Leerstelle

Abb. 5: Fragmente der zweiten Version desselben Textes von der aktuellen Leerstelle

Bei den Objekten, die zur Grabausstattung gehörten, handelt es sich um

  • Fragmente aus Calcit-Alabaster vom Sarkophag Sethos' I. (Abb. 6). Sie wurden im Laufe der Ausgrabungen von MISR sowie vom Archaeological Research Centre in Egypt (ARCE) geborgen und dokumentiert. Die über 280 kleinen Bruchstücke stammen vom Deckel des Sarkophages. Dieser ist bisher nur in Teilen bekannt (J. Bonomi / S. Sharpe, The Alabaster Sarcophagus of Oimenepthah I., King of Egypt now in Sir John Soanes Museum, Lincol's Inn Fields, London 1864).
  • Ebenfalls aus dem Grab Sethos' I. stammen über 700 Fragmente von Gefässaufschriften, mehrheitlich von Weinamphoren (Abb. 7). Die Inschriften enthalten Angaben über den Inhalt und die Produktion (Herkunft, Jahr, Verantwortlicher). Aus der Analyse der dignostischen Fragmente lässt sich auf mindestens 100 Weinamphoren als Bestandteil der Grabausstattung schliessen.
  • Objekte, die der Grabausstattung Sethos' I. zugeschrieben werden können, sind Fragmente des Kanopenkastena aus Kalzit-Alabaster, Uschebtis, Amulette, Fragmente von Mobiliar und sonstige Kleinfunde, aber auch pflanzliche Reste wie Dattelkerne oder die Nuss einer Dumpalme.
Abb. 6: Fragment vom Deckel des Sarkophages aus Kalzit-Alabaster

Abb. 6: Fragment vom Deckel des Sarkophages aus Kalzit-Alabaster

Abb. 7: Fragment von einem Weinkrug

Abb. 7: Fragment von einem Weinkrug

Publikationen zu diesem Thema

• H. Jenni / B. Lüscher / E. Paulin-Grothe, Funde, in: Das Grab Ramses' X. (KV 18), hg.v. H. Jenni. Mit Beiträgen von A. Dorn, H. Jenni, B.a Lüscher, E. Paulin-Grothe, T. Schneider (Aegyptiaca Helvetica [AH], Bd. 16), Basel: Schwabe 2000, 66–75.
• Studien zum Grab Sethos' I. des Basler Projektes «MISR: Mission Siptah - Ramses X.», zusammengestellt von Hanna Jenni, in: Sokar, Bd. 14, 2007, 88-90.
• F. Mauric-Barberio, Le rôle des archives dans la reconstitution du décor perdu de la tombe de Séthi Ier, in: Egyptian & Egyptological Documents, Archives, Libraries [EDAL], Bd. 1, 2009, 41-46 (+ 4 Fig.).
• H. Jenni (en collaboration avec Florence Mauric-Barberio), La vallée des rois - ses tombeaux et ses ouvriers. Travaux concernant les tombes KV 17, 18, 32 et 47 menés par l'Institut d'Êgyptologie de l'Université de Bâle, in: Êgypte. Afrique et Orient, Bd. 54, 2009, 11-24: 20–22.
• F. Mauric-Barberio, Les fragments décorés provenant de la tombe de Séthi Ier. Fouilles de la Mission MISR de l’université de Bâle dans la Vallée des Rois, in: Bulletin de la Société française d'égyptologie [BSFE], Bd. 185, 2013, 15-30.
• Florence Mauric-Barberio, Unzählige neue Wand-, Pfeiler- und Deckenfragmente aus dem Grab Sethos' I., in: Scanning Sethos. Die Wiedergeburt eines Pharaonengrabes, hg.v. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig, Basel 2017, 118–129.
• Claudia Manser Stoll, Der Alabastersarkophag Sethos' I., in: Scanning Sethos. Die Wiedergeburt eines Pharaonengrabes, hg.v. Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig, Basel 2017, 130–133.