Cédric Scheidegger Lämmle (2015)
Ille ego. Werkpolitik in der antiken Literatur
Das Dissertationsprojekt ist aus dem durch den SNF geförderten Projekt "Das corpus Ovidianum. Werkpolitik in augusteischer Zeit" erwachsen (http://p3.snf.ch/project-131991). Galt es dort, die Zusammenhänge und Verbindungslinien zwischen den Werken des augusteischen Dichters Ovid zu beleuchten und nachzuvollziehen, wie in seinen Dichtungen ein literarisches Œuvre im emphatischen Sinne konstituiert wird, fragt das Projekt "Ille ego. Werkpolitik in der antiken Literatur" grundsätzlicher nach der Idee des literarischen Œuvres und ihrer Bedeutung für den Literaturbetrieb der Antike.
Ausgehend von einer Lektüre der Werke Hesiods sowie der 'Autobibliographien' Galens und Augustins wird eine Theorie entworfen, die das literarische Œuvre aus der Interaktion zwischen Diskursen der Autorschaft, der Autobiographie und den historisch spezifischen Bedingungen literarischer Kommunikation erklärt. In der Auseinandersetzung mit gegenwärtig diskutierten theoretischen Konzepten wie Paratextualität, career criticism, 'Werkpolitik' und 'Nachlasspoetik' wird die Idee des literarischen Œuvres an der Grenze zwischen 'Innen' und 'Aussen' verortet: dort, wo die Verhältnisse zwischen Autor-persona und historischem Autor, zwischen Literatur und Lebenswelt infrage stehen.
Vor diesem Hintergrund werden literarische Werke römischer Autoren der späten Republik und des frühen Prinzipats untersucht (Cicero, Vergil, Horaz, Ovid). Dabei wird die These verfolgt, dass nicht zuletzt die Umwälzungen im literarischen Betrieb dieser Zeit, zumal die Etablierung der stadtrömischen Bibliotheken, bei Autoren, Kritikern und Lesern ein wachsendes Bewusstsein und eine erhöhte Aufmerksamkeit für die Bedeutung des Œuvres gezeitigt hatten, die sich in der Poetik literarischer Werke greifen lässt. Es wird gezeigt, dass diese spezifische Reflexionsdichte in der spätrepublikanischen und augusteischen Literatur grundlegende Mechanismen literarischer Kommunikation freizulegen vermag.