Heinz Erhardt
Die Latinistik an der Universität Basel schreibt ab dem Schuljahr 2006/2007 zum Gedenken an Prof. Josef Delz (1922–2005) einen Preis zur Anerkennung herausragender Leistungen im Fach Latein aus. Für die lateinische Sprache und für die Literatur Roms zu begeistern, diese Begeisterung zu vermitteln und damit zu einer gediegenen Gymnasialbildung beizutragen, ist die zentrale Aufgabe des Lateinunterrichts.
Schülerinnen und Schüler sollen für ihr Studium und ihre bemühte Arbeit an Themen der lateinischen Sprache und Literatur, die sie bei der Matur oder der Matur gleichzuhaltenden Arbeiten erbringen, ausgezeichnet werden.
Schriftliche Arbeiten, die aus dem Lateinunterricht hervorgehen und sich auf die lateinische Sprache, die römische Literatur, die römische Geschichte, die Philosophie und auf die Rezeption der römischen Literatur beziehen, sollen mit dem Josef Delz-Preis gewürdigt werden. Willkommen sind auch Arbeiten, die sich mit mittel- und neulateinischen Texten der Regio oder der Schweiz befassen.
Preise:
1. Preis: 1500.– CHF
2. Preis: 1000.– CHF
3. Preis: 500.– CHF
Die Arbeiten (Umfang ca. 25 Seiten) sind in einer der Schweizer Landessprachen oder auf Englisch abzufassen, sie können auch in lateinischer Sprache geschrieben werden.
Die Begutachtung erfolgt durch eine Jury, die Arbeiten sind bis spätestens 31. Mai d.J. einzureichen.
Der Jury gehören an:
Prof. Dr. Cédric Scheidegger Lämmle (Basel)
PD Dr. Petra Schierl (Basel/München)
Dr. Massimo Cè (Basel)
Die Ausschreibung des Josef Delz-Preises zur Förderung des Lateins an den Schulen hat im Schuljahr 2024/2025 wiederum ein grosses Echo gefunden. Die Jury um Prof. Dr. Cédric Scheidegger Lämmle las mit grossem Interesse die Arbeiten, die von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Lerbermatt, Köniz, des Liceo Diocesano, Breganzona, der Kantonsschule Zug, der Kantonsschule Uetikon am See sowie der Kantonsschule Zürcher Oberland, Wetzikon, eingereicht worden waren. Aus einem starken Feld ragten zwei Arbeiten heraus, die beide aus dem Lateinunterricht hervorgingen, sich aber ganz unterschiedlichen Themen widmeten: einer Übersetzung von Passagen aus dem altorientalischen Gilgamesch-Epos ins Lateinische und einer vergleichenden sprachgeschichtlichen Untersuchung zum Begriffsfeld ‚Stadt‘. Ihnen wurde der erste bzw. zweite Preis zuerkannt. Mit einem ausserordentlichen Anerkennungspreis würdigte die Jury in diesem Jahr zugleich eine dritte Arbeit, die im Fach Bildnerisches Gestalten entstanden war, und den Ikarus-Mythos in einem Animationsfilm neu erzählte. Am 24. September 2025 fand die feierliche Preisverleihung in den Räumen des Departements Altertumswissenschaften statt.
1. Preis
Tim Fuhrer, Kantonsschule Zürcher Oberland, Wetzikon (betreut von Andrea Weber Allenspach), für die Arbeit
Das Gilgamesch-Epos. Lateinische Übersetzung und Erklärung der Hintergründe
Im Mittelpunkt von Tim Fuhrers Arbeit steht die Übertragung zweier zentraler Passagen aus dem altorientalischen Gilgamesch-Epos ins Lateinische. Tim Fuhrer hat sich damit einer doppelten Herausforderung gestellt: zum einen galt es, das Gilgamesch-Epos und seine Überlieferung anhand einschlägiger Übersetzungen und Forschungsarbeiten nachzuvollziehen, zum anderen musste seine besondere stilistische Kraft in die Sprache einer verwandten, aber doch ganz anderen Gesetzen gehorchenden Epos-Tradition, nämlich des römischen Epos, übertragen werden. Das Ergebnis ist bemerkenswert und verrät, im Sinne einer literaturwissenschaftlichen Komparatistik, viel über die besonderen Eigenschaften der beiden Traditionen. Der Aufwand, der sich hinter der Übersetzung erkennen lässt, ist beachtlich. Tim Fuhrer übersetzt reflektiert und zeigt ein feines Gespür für die lateinische Sprache. In seiner Maturarbeit gibt er über sein Vorgehen detailliert Auskunft und bietet seiner Leserschaft daneben eine kundige Einführung zum Gilgamesch-Epos und der Kulturgeschichte Mesopotamiens an die Hand.
2. Preis
Nina Wirz, Gymnasium Lerbermatt, Köniz (betreut von Florian Neuling), für die Arbeit
Das Konzept Stadt in fünf Sprachen. Eine sprachwissenschaftliche und historische Auseinandersetzung
Eine andere Form der vergleichenden Untersuchung hat Nina Wirz vorgelegt, deren Arbeit auf dem Gebiet der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft anzusiedeln ist. Mit grosser philologischer Akribie untersucht die Autorin das Wortfeld ‘Stadt’ in fünf Sprachen – vom Altgriechischen über das Lateinische bis hin zu Deutsch, Englisch und Französisch – und arbeitet Entwicklungslinien ebenso wie bedeutungsvolle Unterschiede zwischen den Sprachen heraus. Dabei zeigt sie, wie unterschiedlich die Idee ‘Stadt’ im Laufe der Jahrhunderte sprachlich codiert worden ist, und rührt so an die grundlegende Frage, wie sich politische, soziale und historische Realitäten in den Wörtern niederschlagen, die wir benutzen. Die Arbeit entwirft damit eine sprachgeschichtliche Topographie der Stadt.
Ausserordentlicher Anerkennungspreis
Selina Bieri, Kantonsschule Uetikon am See (betreut von Sabrina Barbieri und Fabian Carisch), für die Arbeit
Ikarus. Gestalten eines kurzen Animationsfilms mit Blender und Komposition und Aufnahme der Filmmusik
Selina Bieri hat im Rahmen ihrer Maturarbeit ein eigentliches Gesamtkunstwerk en miniature vorgelegt: sie hat die Sage von Ikarus’ verhängnisvollem Flug durch die Lüfte in einem animierten Kurzfilm neu erzählt. Selina Bieri hat den Mythos für ihr Drehbuch wirkungsvoll zugespitzt: Ikarus verschmilzt mit der Figur des Dädalus und erscheint selbst als Künstler und Erfinder. Vor allem hat sie aber eine eigenständige Bildsprache und Dramaturgie entworfen und bis ins Letzte ausgearbeitet. So hat sie auch selbst den Soundtrack komponiert, der die Handlung des Films begleitet und dramatische Akzente setzt. Die Jury war beeindruckt davon, wie akribisch und methodisch Selina Bieri ihre Arbeit geplant und umgesetzt hat – im Hintergrund des kurzen Films steht ein kreativer Prozess, der sich anhand der Arbeit präzise nachvollziehen lässt. Das Ergebnis ist eindrücklich: der alte Mythos ist in eine neue Sprache überführt worden und zwar auf eine Weise, die ästhetisch überzeugt und emotional berührt.
Im Namen der Jury
Cédric Scheidegger Lämmle
Basel, im September 2025
Jury des 19. Josef Delz-Preises:
Massimo Cè
Cédric Scheidegger Lämmle
Petra Schierl
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