Tag 29–30 (31. März–01. April): Abu Simbel
Bereits auf der Fahrt nilaufwärts beschreibt Thiersch die Tempel von Abu Simbel mit seinen eindrücklichen Kolossen von der Dahabije aus:
« Mittags kommt Abu Simbel in Sicht. die Felsnische mit den Riesen, die darin sitzen schon von weitem deutlich. Prachtvoller rundlich gegen den Fluss abfallender Felskegel. Dass die Facade etwas schief zum Strom, der unmittelbar darunter vorbei fliesst, steht, hat einen besonderen Reiz. es gibt den grossen Bildern Leben. Ein Urbild ägyptischer Kunst. daneben hat der Wüstenwind den orangegelben Wüstensand bis ins Flusswasser über die hohen Felsrücken herübergeweht. Da sitzen die grossen Gestalten feierlich und ruhig und blicken seit 4 Jahrtausenden mit ihren grossen schweren Augen nach Norden, was alles den Fluss herauf kommt. »
–– Hermann Thiersch, Eintrag vom 14. März 1900
Ab den frühen 1960ern wurden unter der Führung der UNESCO internationale Rettungskampagnen gestartet, um die von den Wassern des Stausees bedrohten altägyptischen Baudenkmäler zu retten. Einige wurden abgetragen und anderswo, sei es in unmittelbarer Ufernähe, aber auch in ausländischen Museen (Dendera in New York, Ellesija in Turin, Debod in Madrid, und Taffeh in Leiden) wieder aufgebaut. Andere wurden vermessen und dokumentiert, und verschwanden anschliessend unter den ansteigenden Wassern. Die beiden Felsentempel von Abu Simbel, die einst direkt am Nil lagen, wurden in den 1960er Jahren abgetragen und 64 Meter höher auf der Hochebene von Abu Simbel wieder aufgebaut. Diese einstige Hochebene ragt heute als Insel aus dem Nassersee. Näheres zur Rettungsaktion der nubischen Tempel.
« Grünau beginnt sofort seine Magnesiumphotographien. der grosse Pfeilersaal mit den grossen Königsstatuen von grossartiger Raumwirkung. »
–– Hermann Thiersch, Eintrag vom 31. März 1900
« Während Grünau weiter photographiert u(nd) die 3 Ägypter sich an der schwierigen Hetiterinschrift [sic] die Augen wund lesen, suche ich meine griechischen, phönizischen und karischen Inschriften an den Beinen der beiden Südriesen zusammen. »
–– Hermann Thiersch, Eintrag vom 1. April 1900