Lehr- und Forschungsgrabung Kaiseraugst-Auf der Wacht 2011-2013

Die sechswöchigen Lehr- und Forschungsgrabungen in der Flur Kaiseraugst-Wacht in den Jahren 2011, 2012 und 2013 erfolgten in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung Ausgrabungen Kaiseraugst der Kantonsarchäologie Aargau.

Die Flur "Auf der Wacht" liegt im Bereich der kaiserzeitlichen Wohn- und Handwerkerquartiere der Koloniestadt Augusta Raurica bzw. des suburbiums im südwestlichen Vorfeld des spätantiken Castrum Rauracense.

Die mehrjährigen Grabungen haben u.a. wichtige Informationen zur baulichen Entwicklung, zur gewerblichen Nutzung und zur architektonischen Ausgestaltung der Streifenhäuser erbracht. Zu den spektakuläreren Entdeckungen gehörten u.a. ein über 14 Meter tiefer Sodbrunnen, ein mit Nischen und verputzten Wänden versehenes Untergeschoss sowie ein mit Brandschutt verfüllter Keller.

Im Laufe der Grabungen konnte zudem nachgewiesen werden, dass einzelne Quartiere bereits im frühen 3. Jh. n. Chr. aufgegeben und nicht mehr bewohnt wurden. Einige Zeit später haben neue (?) Besitzern in den halbverfallenen Gebäuden Töpferöfen installiert. In diesen wurden Platten, Teller und Schüsseln sowie Trinkbecher hergestellt.

In den nächsten Jahren wird die Vindonissa-Professur – im Rahmen von interdisziplinären Lehrveranstaltungen bzw. von Seminar- und Praktikumsarbeiten – in erster Linie das reichhaltige Fundmaterial aus dem rund 14m tiefen Sodbrunnen und aus den verschiedenen, zum Teil mit Latrinensedimenten verfüllten Schächten sowie – mit gezielten Fragestellungen – auch einzelne Fundgruppen (z. B. Glas, „Falschmünzerförmchen“; Tierknochen, archäobotanische Makroreste) sowie ein Teil der mikromorphologischen Sedimentproben analysieren und auswerten.

Je nach Möglichkeit sollen die Grabungen in absehbarer Zeit fortgesetzt werden.

Literatur:

Während sechs Wochen helfen 18 Archäologiestudierende der Universität Basel auf einer Ausgrabung in Kaiseraugst Spuren der römischen Vergangenheit freizulegen. Sie lernen dabei wesentliche Bereiche der archäologischen Feldarbeit kennen und können für ihren zukünftigen Beruf bereits praktische Erfahrungen sammeln.

Mitten in einer ruhigen Wohnsiedlung in Kaiseraugst befindet sich die archäologische Grossgrabung, wo derzeit Spuren und Reste der römischen Siedlung in der Unterstadt von Augusta Raurica zu Tage gefördert werden. Wo vor über 2000 Jahren römische Handwerker und Gewerbetreibende wohnten und arbeiteten, graben nun angehenden Archäologinnen und Archäologen nach Überresten jener Zeit. Vom groben Pickeln und Schaufeln über feinere Arbeitsweisen mit dem Pinsel bis hin zum Anfertigen von massstäblichen Zeichnungen lernen die Studierenden auch, wie die Funde gedeutet und eingeordnet werden. Sie profitieren dabei vom Know-How und der Erfahrung des Archäologenteams aus dem Kanton Aargau und den Archäologen der Universität Basel, die in Zusammenarbeit die Grabung leiten. In einem Workshop zeigte das Restauratorinnenteam der Römerstadt den Studierenden ausserdem das Vorgehen bei der Konservierung von Metall und der Herstellung von Repliken.

Die Arbeit auf der Ausgrabung sei sehr vielfältig und werde nie langweilig, so die Masterstudentin Tina Lander, die bereits das zweite Mal auf der Grabung mithilft. Sie arbeitet mit drei weiteren Studierenden daran, einen Töpferofen im Innern eines Hauses zu untersuchen. Das Haus wurde wahrscheinlich bereits im 3. Jahrhundert von seinen Bewohner verlassen und in der Folge als Werkstätte genutzt.

Falschmünzen und eine Tonne Keramik
Die Archäologen stiessen bei ihrer Arbeit immer wieder auf Unerwartetes. So gibt den Spezialisten ein unterirdischer Raum Rätsel auf. Die fast zwei Meter hohen Mauern des Raumes sind mit Kalkmörtel verputzt und haben Nischen, wo vermutlich Kerzen aufgestellt wurden. Eine Möglichkeit sei eine kultische Nutzung des Raumes, so Cédric Grezet von der Kantonsarchäologie Aargau. Gegen Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. wurde der Raum allerdings aufgegeben und mit Bauschutt gefüllt.

In einem freigelegten Ziehbrunnen fanden die Archäologen über eine Tonne Keramik: 100'000 Bruchstücke von Trinkbechern, Schüsseln, Tellern und Krügen. Darunter waren auch 50 Gussförmchen für die Herstellung von Falschgeld. Es handelte sich dabei um eine «inoffizielle Nachahmung» von echten Münzen, da das legale Geld im römischen Reich vielfach knapp war und dieses «Notgeld» von der Administration geduldet wurde. Die Spezialisten erkannten die Falschmünzen anhand der fehlenden Prägung. Nun werden die Münzen zur genaueren Bestimmung an den Numismatiker (Münzspezialisten) weitergegeben.

Das Deuten der Funde aus dem Alltag von Menschen, die seit über 1800 Jahren niemand mehr in den Händen hielt, verlangt grosses Fachwissen. So vermuten die Experten etwa bei einem freigelegten Schacht, dass es sich um einen sogenannten Eiskeller handeln könnte. Diese wurden im Winter mit Eis und Schnee gefüllt und dienten im Sommer als Kühlschränke für Lebensmittel wie Austern und Milch.

Bei der Unterstadt handelt es sich um ein Handwerkerquartier aus der Zeit zwischen dem späten 1. und dem späten 3. Jahrhundert n. Chr. Die Untersuchungen der römischen Siedlungen dauern noch bis 2015 an, danach wird das Gelände überbaut. Verantwortlich für die Grabungen in Kaiseraugst sind Cédric Grezet und die Aaargauer Kantonsarchäologin Dr. Elisabeth Bleuer. Während der sechswöchigen Lehrgrabung leitet Prof. Dr. Peter-Andrew Schwarz, Inhaber der Vindonissa-Professur für Archäologie der Römischen Provinzen an der Universität Basel, die Grabung mit.

Feedbacks der Studierenden zur Grabungskampagne 2012 [PDF (138 KB)]

Vorbericht zur Grabungskampagne 2012 (CG Jber AK) [PDF (4.5 MB)]

Bilder der Grabung
Weitere Bilder der Ausgrabung finden sich auf der Facebook-Seite der Universität Basel >

Presse und News

Pressespiegel zur Lehr- und Forschungsgrabung Kaiseraugst-Wacht 2012 [PDF (4.6 MB)]

Sendung auf DRS 2 vom13.07.2012

Beitrag auf Telebasel vom 14.07.2012 (ab Minute 9)

Bericht zur Grabungskampagne 2011 (CG & PAS) = Artikel in Augusta Raurica 2011_2 [PDF (5.6 MB)]

Vorbericht zur Grabungskampagne 2011 (CG Jber AK) [PDF (3.2 MB)]

Feedbacks der Studierenden zur Grabungskampagne 2011 [PDF (81 KB)]