Das Seminar für Alte Geschichte der Universität Basel bis ins Jahr 2007

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Die Publikation dieser Broschüre über die Geschichte des Seminars für Alte Geschichte der Universität Basel fällt zeitlich zusammen mit der Auflösung dieser Institution. Das Seminar für Alte Geschichte wird im Sommer 2010 Teil des in einem neuen Domizil im Rosshof zusammengefassten Departements Altertumswissenschaften und geht damit in einer größeren universitären Gliederungseinheit auf. Den Anlass, Rückschau zu halten, bildet freilich nicht das Ende, sondern das im Jahr zuvor gefeierte 75jährige Bestehen des 1934 gegründeten Seminars. Ein Höhepunkt in seiner Geschichte verbindet sich also in merkwürdiger zeitlicher Koinzidenz mit seinem Ende als selbstständige Einheit. Immerhin bleibt die Alte Geschichte eine gesonderte Kostenstelle im Rahmen des Universitätsbudgets …

Das Jubiläum wurde im Dezember 2009 mit einer Tagung begangen, welche den Titel Neues aus der Alten Geschichte? Zur Lage der Forschung in systematischer und historischer Perspektive trug. Namhafte Spezialistinnen und Spezialisten diskutierten Entwicklungen und Tendenzen in zentralen Teilsegmenten des Faches wie der Geschichte der politischen Organisationsformen, von Haus und Familie, der Außenpolitik, der Religion, der Wirtschaft oder des Militärs. Es sollte damit ein Überblick über die Situation der Althistorie und die Richtungen, in welche sich die Forschung angesichts neuer theoretischer und methodischer Herausforderungen entwickeln kann, gewonnen werden. Über diese inhaltliche Standortbestimmung hinaus widmeten sich einige Beiträge – mit besonderem Augenmerk auf Basel – der Institutionen- und Strukturgeschichte der Disziplin. Zwei der Letzteren werden in diesem Büchlein veröffentlicht, nämlich Jürgen von Ungern-Sternbergs Vortrag zur Geschichte der Alten Geschichte an der Universität Basel und derjenige des Berner Ordinarius für Alte Geschichte, Stefan Rebenich, über die Institutionalisierung der Alten Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert.

Beigefügt ist der inhaltlich kongruente, bereits in der Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde publizierte Artikel der freischaffenden Historikerin Diemuth Königs (Olsberg), die in Basel in Alter Geschichte promoviert hat, mit dem Titel Die Entwicklung des Faches ‚Alte Geschichte‘ an der Universität Basel im 20. Jahrhundert. Damit wird eine Phase der historischen Beschäftigung mit dem Altertum in Basel dokumentiert, während welcher die Alte Geschichte hauptsächlich bestrebt war, ihre – von der fachlichen Positionierung her ohnehin gegebene – Mittlerstellung zwischen der Klassischen Philologie und der Altertumswissenschaft einerseits und der Allgemeinen Geschichte andererseits auch institutionell und in den Studienplänen zu gewinnen und zu behaupten.

Natürlich widerspiegeln sich in der Geschichte des Seminars überdies auch Entwicklungen, Trends und Bedürfnisse der Geschichte von Universität und Gesellschaft ganz allgemein. Der Beitrag von Stefan Rebenich behandelt diese wissenschafts- und speziell disziplinengeschichtlichen Prämissen, unter denen die Gründung des Seminars erfolgte, die aber an allen deutschsprachigen Universitäten virulent waren. Danach ging der Prozess der fachlichen Disziplinenbildung mit der Entstehung einer ‚scientific community‘, der Herausbildung fachspezifischer Rationalitätskriterien zur Beurteilung von Forschungsleistungen und damit einer Normierung althistorischen Verhaltens einher. Die Steigerung des Organisationsgrades wissenschaftlichen Handelns, dessen ‚Bürokratisierung‘ und Spezialisierung wie seiner Professionalisierung ließen also Basels Alte Geschichte nicht unberührt. Diese Faktoren waren neben Momenten, die nur Basel eigen waren, vielmehr wesentliche Anstöße für die Gründung des hiesigen Seminars.

Vor diesem Hintergrund stellt von Ungern-Sternberg das Schicksal des Faches schon vor seiner Institutionalisierung in Basel dar; der Artikel von Königs beleuchtet – teilweise parallel zu demjenigen von Ungern-Sternbergs – die Basler Althistorie im 20. Jahrhundert bis zum Rücktritt von Christian Meier 1976. Besondere Beachtung verdient der Anhang an von Ungern-Sternbergs Beitrag, in dem die Akten zu den Berufungsverfahren von Christian Meier ausgewertet werden: Sie führen die verschiedenen zum Teil sehr gegenläufigen Interessen und Positionen vor Augen, die einen solchen Prozess beeinflussen und ihm eine zuweilen eher unerwartete Richtung geben können.

Natürlich haben Historiker immer Lust, sich der Vergangenheit (besonders auch einer, die das eigene Dasein wesentlich mitbestimmt) zuzuwenden und nicht immer wollen sie sich dafür rechtfertigen müssen: Doch dieses Büchlein hat zunächst dokumentarischen Charakter, es soll also aus möglichst neutraler Warte die Fakten, welche die Seminargeschichte prägten, allen Interessierten leicht zugänglich machen. In diesem Sinne werden sämtliche Wissenschaftler mit ihren Funktionen genannt, die als Festangestellte oder als Lehrbeauftragte hier gewirkt haben. Diese Rückschau aus gegebenem Anlass soll jedoch auch zeigen, welche allgemeinen Umstände und welche speziellen Faktoren zur Gründung des Seminars führten und seine Geschichte maßgeblich beeinflussten. Sie mag auf diese Weise als Beispiel dienen für die Existenz, die Entwicklung und den Nutzen eines kleinen akademischen Faches.