Ann-Kathrin Stähle

Mythen bei Sidonius Apollinaris (Arbeitstitel)

Im Fokus des Vorhabens stehen die Carmina des gallo-römischen spätantiken Autors Sidonius Apollinaris, dessen schriftstellerisches Werk weniger von christlichem Gedankenals vielmehr von paganem Bildungsgut geprägt ist. Die Gedichte sind öffentlich und in hochpolitischem Kontext situiert, insofern es sich um Panegyrici auf römische Kaiser handelt. Wenn der Autor antike Mythen verwendet, um römische Herrscher zu lobpreisen, handelt es sich also keineswegs um heimlich ausgelebte pagane Nostalgie, sondern um einen bewusst demonstrativen Umgang mit antiken literarischen Vorbildern.
Ziel dieses Dissertationsprojektes ist die Analyse der von Sidonius in die Carmina eingelegten Mythen-Exempla bezüglich der Frage, inwiefern antikes mythologisches Inventar und pagane Götter in den christlichen Kontext passen und ob es sich dabei um eine unpassende Einlage handelt, die neben christlichem Bildungsgut als poetisches Material zur Verfügung steht, oder ob es als konstitutiv für das poetische Konzept des Sidonius zu bewerten ist. Dabei soll auch geklärt werden, ob sich Sidonius vollkommen auf paganes Gedankengut beschränkt oder ob er subkutan auch christliche Themen verhandelt. Es erweist sich für die Forschung zudem als lohnenswert, den Fragen nach Intertextualität, Varianz und Transformation umfangreicher nachzugehen: Bis zu welchem Grad handelt es sich bei den mythologischen Einlagen überhaupt um ein literarisches Spiel und inwieweit sind sie ernsthafte Rückgriffe auf literarische Vorbilder? Wie sieht Sidonius’ literarischer Umgang mit diesen Vorbildern aus? Was und wie rezipiert er, wie verarbeitet er das Material und macht es für seinen Kontext nutzbar?

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