Margaux Depaermentier
Mobilität, Sozialstrukturen und Lebensweise im spätantiken Basilia und im frühmittelalterlichen Bazela
Im Rahmen des Projekts «Mobilität, Sozialstrukturen und Lebensweise im spätantiken Basilia und im frühmittelalterlichen Bazela» soll ein Zeitabschnitt der Basler Stadtgeschichte neu betrachtet werden, in der möglicherweise sogenannte „Völkerwanderungen“ stattfanden und das spätantike Basilia bzw. frühmittelalterliche Bazela wegen seiner Lage an der Reichsgrenze zum Schauplatz zahlreicher politischer, kultureller und wirtschaftlicher Interaktionen wurde. Der fragliche Zeitraum ist jedoch nach wie vor stark von umstrittenen (Völkerwanderungs-)Narrativen geprägt, die aus der Interpretation der antiken Schriftquellen kommen, sodass die ethnische Kategorisierung der archäologischen Funde und Befunde immer noch eine zentrale Rolle spielt.
Mit diesem Projekt wird also nicht nur eine bisher fehlende zusammenfassende Auswertung der frühmittelalterlichen Gräberfelder Basels angestrebt, sondern auch eine Interpretation der archäo(bio)logischen Daten, die weit über die bisherigen Studien zur „Völkerwanderungszeit“ in Basel hinausgeht und auch sich die aktuelle Forschung zu diesem Thema europaweit anschliesst. Somit soll zunächst die traditionelle, ausschliesslich auf geisteswissenschaftlichen Methoden basierte, und heute äusserst kontrovers diskutierte Unterteilung der spätantiken und frühmittelalterlichen Bevölkerung von Basilia bzw. Bazela in ‘Romanen’, ‘Alamannen’ und ‘Franken’ mit Hilfe von Isotopen-, aDNA- und anthropologischen Analysen neu untersucht werden.
Im Zentrum des Projekts stehen die spätantiken und frühmittelalterlichen Gräberfelder Basels. Diese sind geographisch über das gesamte Stadtgebiet Basels beiderseits des Rheines verteilt und decken den Zeitraum zwischen dem 4. und 8. Jh. n. Chr. ab, was einen einmaligen und repräsentativen Überblick über eine Zeitspanne von fast 400 Jahren ermöglicht.
Eine neue Auswertung des archäologischen Materials soll zunächst die Analyse von (Dis-)Kontinuitäten, lokalen bis überregionalen Beziehungsgeflechten und sozialen sowie wirtschaftlichen Strukturen in den Vordergrund der Frühmittelalterlichen Forschung in Basel setzen. Die Analyse von Strontium- und Sauerstoffisotopen an ausgewählten spätantiken und frühmittelalterlichen Skeletten ermöglicht zudem, lokal von nicht-lokal (fremd) geborenen bzw. aufgewachsenen Individuen zu identifizieren. Die Nachkommen fremder Individuen lassen sich sogar über späteren Generationen anhand von aDNA- und falls die ursprünglichen Ernährungstraditionen beibehalten werden ggf. durch Stickstoff- und Kohlenstoffisotopenanalysen erkennen, was die Rekonstruktion der Migrationsgeschichte ebenso wie die Untersuchung von Kontinuitäten verfeinert. Methoden der physischen und Humangeografie lassen ausserdem ein grundlegendes Verständnis der anthropogenen Nutzung des Umlandes und daher der Zusammensetzung der Isotopenverhältnisse im Skelett der lokal aufgewachsenen Menschen erkennen.
Die gemeinsame interdisziplinäre Auswertung der Daten führt zu einer möglichst objektiven Rekonstruktion der spätantiken und frühmittelalterlichen Mobilitäts- bzw. Migrationsmustern, Sozialstrukturen und Subsistenzstrategien in Basel.