Katharina Vogt

Meir - Die Nekropole im Mittleren Reich. Eine Archivgrabung (Arbeitstitel)

Resümee zum Dissertationsvorhaben im Fach Ägyptologie von Katharina Vogt M. A.
(Erstbetreuerin: Prof. Susanne Bickel, Zweitbetreuer: Prof. Harco Willems)

Sowohl in der Ägyptologie als auch in anderen altertumswissenschaftlichen Disziplinen nimmt die funerärarchäologische Forschung – neben der Siedlungsarchäologie – einen der bedeutendsten Stellenwerte in der Erforschung vergangener Kulturen ein. Die für die archäologische Interpretation sehr aufschlussreiche Quellengruppe „Gräber“ repräsentiert nicht nur die mit dem Sterben verbundenen Aspekte, sondern auch solche des Lebens: Grabbefunde vermitteln sowohl Kenntnisse über die Toten, die bestattet wurden als auch über die Lebenden, die bestattet haben.

Im Rahmen des Dissertationsvorhabens soll der altägyptische Bestattungsplatz Meir aus der Zeit des Mittleren Reiches (11.–14. Dynastie: 2055–1650 v. Chr.) anhand bislang unbekannter und unveröffentlichter Grabungsdokumente (aus Altgrabungen im 19. und 20. Jahrhundert) erstmalig in seiner Gesamtheit erfasst, analysiert und publiziert werden. Im Fokus steht daher die notwendige Auswertung des Archivmaterials sowie dessen inhaltliche Korrelation (Rekontextualisierung) mit zum Bestattungsplatz gehörigen Grabbeigaben, die heute in verschiedenen Museen auf der ganzen Welt verteilt sind.

Fragestellungen
Chronologie: Wie datieren die Gräber? Ist eine chronologische Entwicklung innerhalb der Nekropole zu beobachten (z. B. verschiedene Belegungsphasen, Veränderungen in der Grabarchitektur)?

Topographie: Wie ist die Nekropole strukturiert bzw. organisiert? Wo, wie und in welchem Verhältnis zueinander wurden die Gräber angelegt (Nähe/Distanz, unterschiedliche Höhenniveaus, Ausrichtung der Hauptachse, Orientierungspunkte)?

Architektur: Welche Grabformen gibt es? Lässt sich eine lokale Grabtypologie entwickeln?

Densität: Wie viele Gräber gibt es? Wie viele Bestattungen gibt es? Lassen sich Rückschlüsse auf die lokale Population ziehen? 

Prosopographie: Um welche Personen handelt es sich bei den Bestatteten? Welche Titel tragen sie? Wo (innerhalb der Nekropole) und wie (Einfach-/Mehrfachbestattungen) wurden sie beigesetzt? Welche genealogischen Rückschlüsse lassen sich ziehen?

Bestattungen/Grabbeigaben/Grabausstattung: Lassen sich unterschiedliche Bestattungsformen feststellen? Manifestieren sich geschlechterspezifische Differenzen? Sind sozialhierarchische Merkmale anhand der Bestattungen zu konstatieren (Status-/Prestigesymbole)? 

Vergleiche: Welche zeitlichen oder geographischen Parallelen mit anderen Gräberfeldern gibt es? Lassen sich lokale oder regionale Traditionen oder Innovationen beobachten?

Ziele
-> Konzipierung eines Gesamtüberblicks über den Bestattungsplatz Meir (Plan) mit einer kontextbezogenen Analyse der Objektfunde/Grabbeigaben sowie einer umfassenden Auswertung der Grabungsdokumentationen zur Nekropole von Meir unter Berücksichtigung chronologischer, topographischer, architektonischer, sozialer, kultischer und wirtschaftlicher Aspekte

Chronologische Rückschlüsse: Rekonstruktion einer zeitlichen Abfolge der Bestattungen und einer konkreten Belegungsdauer des Gräberfeldes (Genese, Hauptnutzungsphase, ggf. Nachnutzung der Gräber/Sekundärbestattungen); Gaufürstenchronologie

Geographische Rückschlüsse: Horizontalstratigraphische Aussagen (Gliederung der Nekropole in geographische Abschnitte, z. B. sich von Nord nach Süd entwickelnde oder von einem Zentrum ausgehende Grablegungen, zur Erstellung einer relativen Chronologie oder um kulturspezifische/soziale Aussagen treffen zu können); lokale Besonderheiten und regionale Einordnung

Rückschlüsse auf Sozialstruktur: Unterschiede innerhalb einer Geschlechter-/Altersgruppe = vertikale Sozialstruktur (innergesellschaftlich); Unterschiede zwischen Geschlechter-/Altersgruppen = horizontale Sozialstruktur (hierarchisch); Korrelation zwischen materiellem Grabbefund und sozioökonomischem Status der bestatteten Person à Feststellen sozialhierarchischer Merkmale à Elite- vs. Grundschichtbestattungen; Merkmale der Bestattungsgemeinschaft von Meir

Klassifizierungsmöglichkeiten: Erstellen Meir-spezifischer Gräber- und Objekttypologien

Erkenntnispotential aus kultureller Perspektive: Ermitteln kulturspezifischer Elemente durch Gemeinsamkeiten im funerärarchäologischen Befund (Architektur, Grabbeigaben, Grabausstattung, Lage/Orientierung der Bestatteten) -> kulturelle Merkmale; Aussagen über funeräre Praxis in der Nekropole von Meir im Mittleren Reich

zurück <<