Tag 51–61 (22. April–01. Mai): Die Ägyptische Reise – Von Assuan bis Kairo
Nach einer 50-tägigen Reise teilt sich die Reisegruppe in Luxor auf – Steindorff, Borchardt und Schäfer nehmen den Zug direkt nach Kairo, während Thiersch sich etwas Zeit nimmt und auf eigene Faust nordwärts reist. Auf dem Programm stehen die altägyptischen Stätten Theben, Dendera, Abydos, und Assiut. Auch gönnt sich Thiersch einen Abstecher in die Fayum-Oase: in den Städten Arsinoe und Sennures tätigt er die Papyrusankäufe für die Universitäten München und Strasbourg. In den Monaten vor der Nubienexpedition hatte Thiersch bereits die rund 65 Papyrusdokumente für Basel gekauft, auf Griechisch, Latein, Hieratisch, Koptisch und Mittelpersisch verfasst.
Motiviert durch die unerwartet immensen Papyrusfunde durch Bernard P. Grenfell und Arthur S. Hunt in Oxyrhynchos ab 1896, explodierte der internationale Papyrushandel zum Ende des 19. Jhs. Europäische und nordamerikanische Sammler wetteiferten darum, die besten Dokumente für ihre Sammlungen zu gewinnen, mithilfe eigener archäologischen Ausgrabungen oder durch den Ankauf von Papyri von lokalen Antiquitätenhändlern, die in der Regel von Plünderern mit Material versorgt wurden – der internationale Wettbewerb auf dem Markt war somit intensiv.
Selbst Thiersch als Klassischer Archäologe hatte noch nie zuvor einen originalen Papyrus gesehen, weshalb er auf dem Weg von Europa nach Ägypten im Winter 1899 einen Halt in Wien machte, um Exemplare in der Papyrisammlung des Erzherzog Rainer zu begutachten, bevor er Einkäufe tätigte. Seine Schilderungen im fortgesetzten Tagebuch (sowie in seinen Briefen an die europäischen Universitäten) zeichnen den Alltag des Papyrushandels und -kaufs zu dieser Zeit ab, welche das Fundament der heutigen Sammlungen in ganz Europa bildeten.
Die Basler Papyri werden in Kürze volldigitialisiert in einer Online-Datenbank zur Verfügung gestellt.
« Ich fahre bis Sohag und male mir ein behagliches Gasthaus aus für Unterkunft. Denn Sohag ist blühende Stadt, und ich will dort halten um in Achmim am andren Ufer nach papyris [sic] zu suchen. »
–– Hermann Thiersch, Eintrag vom 25. April 1900
« Der Junge führt zum ersten Händler. Er ist nicht zu haus. Sein kleiner Sohn, 8–9 Jahre, öffnet und zeigt uns alles. Ein sehr netter, bescheidener und aufgeweckter Junge. Im Hof und 3 Kammern allerlei geringe Antiquitäten, papyri nur unbedeutende Fetzchen. Der Vater habe noch mehr, aber wo, weiss der Kleine nicht. Ich hinterlasse eine englische Not[i]z, er möge eventuelles Material nach Cairo zur Ansicht schicken. »
–– Hermann Thiersch, Eintrag vom 26. April 1900
« Der Tag morgen ist ganz für die Papyri bestimmt! »
–– Hermann Thiersch, Eintrag vom 29. April 1900
« Früh auf. Unten auf der Ufermauer sehe ich schon meinen Führer und den einen der Papyrusleute warten. Es ist no 2, der mich bittet ihm die Addresse auf die Kiste zu schreiben. no 1 lässt sagen, es gebe die Sachen für 5 1⁄2 £. D[i]es Angebot angenommen. Während des Frühstücks noch di[e] Kisten verpackt, versiegelt und addressiert. Alles mapsut (glücklich). »
–– Hermann Thiersch, Eintrag vom 1. Mai 1900