Laura Diegel (2017)
Aliquid nostris rebus lucis adferre. Life writing am Ende der römischen Republik und zu Beginn der Kaiserzeit (Disputatio 2017)
Das Dissertationsprojekt widmet sich der Erforschung von unterschiedlichen Modi der Selbstbetrachtung und Selbstbeschreibung am Ende der römischen Republik und in der frühen Kaiserzeit. Es fragt nach den Paradigmen der Selbstreflexion, an denen sich diese orientiert, und untersucht die Situationen und Kontexte, die Anlass dazu geben. Ausgewertet werden als Ich-Narrative aufgefasste Auszüge aus den Briefen und Reden Ciceros, Briefe Senecas und Plinius’ des Jüngeren, sowie weitere Texte Caesars, Augustus’ und Marc Aurels, also politischer Akteure, die sich in der politisch-sozialen Welt Roms positionieren. In diesen Texten schreiben die Betreffenden über sich selbst im Hinblick auf eine Situation, ein bestimmtes Publikum oder einen Adressaten und mit einer bestimmten Aussageabsicht. Wird in den Texten ein längerer Zeitraum verarbeitet, in dem die einzelnen Lebensereignisse in Beziehung gesetzt werden, erlaubt dies einen Einblick in die Konstruktion einer Art life story des Einzelnen, also ein Narrativ, das einzelne Lebensabschnitte zu einem kohärenten Ablauf zusammenfügt und unter Rückgriff auf bestimmte Prämissen sinnstiftend wirkt. Ich-Erzählungen richten sich nicht nur an bestimmte Personenkreise, sondern gestalten die Identität des Einzelnen. Das eigene Selbstverständnis und die Formen der Selbstbeschreibung entfalten sich in den narrativen Rahmen, die kulturell bestimmt sind und Wissens- und Verständnishorizonte darstellen.