
C. W. (Toph) Marshall ist Professor für Gräzistik an der University of British Columbia in Vancouver, Canada. Er ist der Verfasser von The Stagecraft and Performance of Roman Comedy (CUP = Cambridge University Press 2006) sowie dreier weiterer Monographien, zu Euripides’ Helena (CUP 2014), Aischylos’ Choephoren (Bloomsbury 2017) und Aristophanes’ Fröschen (Bloomsbury 2020). Im Zentrum seiner Forschung stehen das antike Drama und insbesondere Fragen der antiken Bühnenkunst und Aufführungspraxis sowie der Rezeption des griechischen Theaters in der Antike. Zusammen mit Melissa Funke hat er ein Sonderheft der Zeitschrift Phoenix unter dem Titel Greek and Roman Mime (im Erscheinen) herausgegeben und mit Jesse Hill den Band Ennius Beyond Epic (CUP, im Erscheinen). Daneben gilt sein Forschungsinteresse dem Nachleben der Antike in der Popkultur der Gegenwart, wobei er verschiedene bahnbrechende Sammelbände mitherausgegeben hat, u.a. Cylons in America (Continuum 2008, mit Tiffany Potter), Classics and Comics (OUP = Oxford University Press 2011, mit George Kovacs) und Animation and the Ancient World (OUP, im Erscheinen, mit Chiara Sulprizio). Zusammen mit Niall Slater wirkt er als Herausgeber der Bloomsbury Ancient Comedy Companions. In 2021 wurde er zum Fellow of the Royal Society of Canada gewählt.
Toph wird seine Zeit in Basel nutzen, um Women, Enslavement and New Comedy zum Abschluss zu bringen, eine Monographie, welche die Darstellung von Frauen bei Plautus, Terenz und Menander untersucht und ein Deutungsmodell dafür entwickelt, wie aus (fiktionalen) literarischen Texten männlicher Autoren auf soziale Wirklichkeiten geschlossen kann. Das Werk baut auf einer Reihe einschlägiger Artikel auf, die Toph seit 2013 publiziert hat, und zeigt, wie einzigartig die Charakterisierung weiblicher Figuren in den Stücken ist, wobei jedes Kapitel eine bestimmte soziale Rolle ins Zentrum stellt.
Toph tritt sein Fellowship im November 2025 an und teilt seinen Aufenthalt zwischen dem Herbstsemester 2025 und dem Frühjahrsemester 2026 auf.

James McNamara hat seine Forschung im Rahmen mehrerer Postdoktorandenstipendien in Innsbruck (Lise-Meitner-Forschungsstipendium, Österreichischer Wissenschaftsfonds), Potsdam (PRIME-Forschungsstipendium, DAAD) und Wellington, Neuseeland (Woolf-Fisher-Postdoktorandenstipendium) vorangetrieben. Zudem war er längere Zeit als Gastwissenschaftler am Trinity College in Oxford und an der Universität Florenz tätig und unterrichtete u.a. als Lecturer in Latin am Trinity College in Oxford, als Director of Studies in Classics am Fitzwilliam College, Sidney Sussex College und Corpus Christi College in Cambridge sowie als Lehrbeauftragter in Wellington, NZL, und Rostock. Im Jahr 2022 war er als Historiker für das Waitangi Tribunal Unit des neuseeländischen Justizministeriums tätig und trug mit seinen Recherchen zu mehreren Untersuchungen des Tribunals bei.
James hat literarische und historische Studien zu Tacitus, Plinius dem Jüngeren und Lucan ebenso wie zur Rezeption der antiken Geschichtsschreibung und Ethnografie in der Frühen Neuzeit und der Moderne vorgelegt. Zusammen mit Prof. Victoria Pagán hat er die Sammlung Tacitus’ Wonders: Empire and Paradox in Ancient Rome (Bloomsbury, 2022) herausgegeben. Zudem ist eine Monografie mit dem Titel William Camden’s Annales of Elizabeth I: Antiquity and the Present bei der Bloomsbury Neo-Latin Series unter Vertrag. Darin untersucht er die historiografische Technik und die Rezeption antiker Literatur in William Camdens äusserst einflussreichem Geschichtswerk. Eine zweite Zusammenarbeit mit Victoria Pagán, Early Modern Receptions of Tacitus, erscheint ebenfalls bei Bloomsbury und versammelt internationale Studien zur intensiven Tacitus-Rezeption ab dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts.
Während seines Aufenthalts in Basel wird James in einem Projekt unter dem Titel „The Groves of Germania” die literarische Struktur der Darstellung von Wäldern und heiligen Hainen in Tacitus’ Germania untersuchen. Das Projekt zielt darauf, die Haine der Germania auch jenseits der Tradition der griechisch-römischen Ethnographie zu kontextualisieren und zu zeigen, wie diese sich auch in philosophische, poetische und politische Kontexte einfügen.
James wird sein Fellowship im Januar 2026 antreten.

Elina Pyy ist als Althistorikerin und klassische Philologin an der Universität Helsinki tätig, wo sie 2014 auch ihr Doktorat erwarb. Sie arbeitete als Visiting Scholar an der School of Classics der Universität St. Andrews (2015–2016), als Postdoctoral Researcher an der Universität Helsinki (2016–2019) sowie als stellvertretende Direktorin des Finnischen Instituts in Rom (2019–2023). Derzeit leitet sie die Forschungsgruppe „Portrayals of Pain and Models of Masculinity: The Suffering Male Body in Western Art and Culture” (2024–2026), die den Einfluss griechisch-römischer Erzähltraditionen auf die Darstellung von Schmerz und Geschlecht in der späteren westlichen Kultur untersucht.
Pyys Forschungsschwerpunkt ist die römische Kaiserzeitliteratur – insbesondere die epische Dichtung und Geschichtsschreibung – und ihre moderne Rezeption. Ausserdem interessiert sie sich für die Anwendung moderner kritischer Theorie auf die lateinische Literatur bzw. die Antikenrezeption. Zu ihren Veröffentlichungen zählen zwei Monographien, The Semiotics of Caesar Augustus (2018) und Women and War in Roman Epic (2020), sowie mehrere Artikel und Sammelbände über römische Identität und die Themen Geschlecht, Gewalt und Körperlichkeit. Während ihres Stipendiums in Basel wird Pyy an ihrer neuen Monographie Mutilated Manhood: Pain, Power, and the Broken Body in Roman Imperial Culture arbeiten; darin untersucht sie die Präsenz von griechischen Mythen über Verstümmelungen in römischen Erzähl- und Performance-Traditionen, von Dichtung und Tragödie bis hin zu bildender Kunst, Pantomime und den Spektakeln der Arena. Eines der Ziele dieses Projekts ist es dabei, ein interdisziplinäres Modells von visueller Narrativität zu entwerfen, welches das Studium der römischen Literatur mit jenem der bildenden und aufführenden Künste verbinden kann.
Elina wird ihr Fellowship im Februar 2026 antreten.

Nicoletta Bruno war bisher als Research Fellow am Thesaurus linguae Latinae, an der LMU München, am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald sowie an der Universität Innsbruck tätig. Zudem unterrichtet sie lateinische Literatur an der Universität Bari ‘Aldo Moro’ und ist Honorary Fellow an der University of Liverpool und Associate Fellow der britischen Royal Historical Society. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die lateinische Ependichtung, die antike Historiographie, die lateinische Lexikographie, die Antikenrezeption sowie der Renaissance-Humanismus. Sie ist die Autorin zahlreicher wissenschaftlicher Aufsätze und Bücher, darunter ein Kommentar zu Lukrez, De rerum natura 5.1110–1349 (Nordhausen, 2020) und ein Sammelband, Archaeologies, Origins, Antiquities: Narrating Early Cultural History in Ancient Greece and Rome (Berlin/Boston, im Erscheinen).
Während ihres Aufenthalts in Basel hat sich Dr. Bruno in erster Linie mit der Fertigstellung eines Buchvorschlags für eine neue Monographie beschäftigt, die den Arbeitstitel The Rhetoric of Silence in Tacitus: Narrative Forms and Unspoken Expressions of Power trägt. Dieses Forschungsprojekt zielt auf die umfassende Erschliessung des Schweigens als zentrales thematisches, rhetorisches und erzählerisches Mittel im taciteischen Œuvre. Es untersucht die Funktion des Schweigens im komplexen Zusammenspiel der für diese Epoche charakteristischen Machtstrukturen und Manipulationsstrategien. Auf der Grundlage einer eingehenden Analyse von Tacitus’ Verwendung des Schweigens veranschaulicht diese Arbeit dessen vielfältige Rollen als Index von Macht, Respekt, Verletzlichkeit und Angst und legt damit die psychologische und politische Dynamik am kaiserzeitlichen Hof offen.
Nicoletta Brunos Forschungsaufenthalt in Basel fand vom 24. Februar bis 5. Mai 2025 statt.

Scott DiGiulio ist Associate Professor of Classics an der Mississippi State University, wo er zudem mit dem Cobb Institute of Archaeology assoziiert ist. Er besitzt Abschlüsse der Universitäten Harvard und Brown (PhD 2015). Seine Forschung ist an der Schnittstelle von römischer Literatur, Wissenschaftsgeschichte und Lesepraxis angesiedelt, wobei er sich auf die griechische und lateinische Prosa der Kaiserzeit konzentriert. Sein erstes Buch, Reading Miscellany in the Roman Empire: Aulus Gellius and the Imperial Prose Collection (Oxford 2024), untersucht, wie antike Leser ein fragmentarisches und ungeordnetes Werk wie Gellius’ Sammelsurium, die Noctes Atticae, verstanden, und interpretiert das Werk als eine grundlegend literarische Kollektion, die eine tiefgründige Meditation über Leseerfahrung und literarische Kultur in der Blütezeit des römischen Reichs darstellt. Unter Einbeziehung von inter- und intratextuellen Analysen sowie narratologischen Interpretationsansätzen werden die von Gellius angewandten Strategien untersucht, um auf dieser Grundlage ein Verständnis der Buntschriftstellerei als ernstzunehmender und eigenständiger literarischer Kunstform zu entwickeln.
Im Rahmen des Basel Fellowship in Latin Literature arbeitete Prof. DiGiulio an seiner zweiten Monographie, die den provisorischen Titel Verba aliena: Quotation as Discursive Practice in Roman Literature trägt. Dieses Buch setzt sich zum Ziel, den Gebrauch von Zitaten bei römischen Autoren der späten Republik und des Kaiserreichs neu zu bewerten. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Verwendung früherer Literatur als einer zentralen kommunikativen Komponente in der Aushandlung literarischer Identitäten sowie als Ausdruck des gelehrten Selbstverständnisses im antiken Mittelmeerraum. Während Anspielung und Nachahmung schon lange als Zeichen literarischer Virtuosität verstanden werden, wurde die Praxis des Zitierens bisher üblicherweise mit phantasieloser Kompilierung gleichgesetzt und als Verfahrensweise antiker Gelehrter betrachtet, die mehr daran interessiert waren, die Worte anderer zu sammeln als eigene Literatur zu schaffen. Im Gegensatz dazu zeigt dieses Buch anhand einer Untersuchung von Autoren wie Cicero, Varro, Seneca dem Jüngeren, Sueton und Athenaios, dass antike Schriftsteller die Verwendung von Zitaten als integralen Bestandteil der eigenen Projekte erkannten und die Wechselwirkungen zwischen Quellentext und neuem Kontext produktiv zu nutzen vermochten.
Scott DiGiulios Forschungsaufenthalt in Basel fand vom 2. März bis 17. Mai 2025 statt.

Christopher van den Berg unterrichtet seit 2010 am Amherst College (Massachusetts). Nach dem Studium an der University of California, Berkeley promovierte er an der Yale University und war ausserdem NEH Fellow am Thesaurus linguae Latinae in München und studierte bzw. lehrte in Mexiko, Italien, Deutschland und Frankreich. Seine Forschungsschwerpunkte sind die griechisch-römische Rhetorik, die Poetik der Prosagattungen, die Rezeption der antiken politischen Rhetorik in der Gegenwart, die Literaturkritik, einschliesslich der Bewertung visueller Medien als kritische Ausdrucksweise für die Beurteilung von Literatur, und vergleichende Literatursysteme. Sein erstes Buch, The World of Tacitus’ Dialogus de Oratoribus: Aesthetics and Empire in Ancient Rome, wurde 2014 bei Cambridge University Press veröffentlicht. Sein zweites Buch, The Politics and Poetics of Cicero’s Brutus: The Invention of Literary History, wurde 2021 bei Cambridge University Press veröffentlicht.
Während seines Forschungsaufenthalts wird Prof. van den Berg an seinem aktuellen Monographieprojekt Critical Matter Performance, Identity, and Object in Greco-Roman Criticism arbeiten. Dieses Buch bietet einen interpretativen Überblick über die römische Literatur- und Rhetorikkritik. Es argumentiert, dass die explizite Stellungnahme eines Autors dazu, wie Literatur zu beurteilen und zu kategorisieren sei, nur vor dem Hintergrund der Verwendung und Manipulation literarischer Werte innerhalb des Werks dieses Autors verstanden werden kann. Critical Matter deckt dabei zwei unterschiedliche und doch miteinander verbundene Eigenschaften der Kritik auf: ihre Komplexität als künstlerisches Genre und die entscheidende Rolle der materiellen und visuellen Kultur für ihre Analysen. Die untersuchten Autoren reichen von Platon und Aristoteles bis zu den wichtigsten Schriftstellern der Zweiten Sophistik und der Spätantike, darunter Dion Chrysostomos und Optatian.
Christopher van den Bergs Forschungsaufenthalt in Basel fand vom 17. März bis 14. Juni 2025 statt.

Dr. Boris Kayachev hatte zuletzt ein Marie Curie Research Fellowship an der Universität Oxford inne (2019–21); zuvor lehrte und forschte er am Trinity College Dublin (2016–18) und an der Norwegian University of Science and Technology (NTNU) in Trondheim (2016). In seiner Forschung konzentrierte er sich zuletzt auf die anonymen Gedichte der sog. Appendix Vergiliana: so publizierte er eine neue kritische Edition der Ciris zusammen mit einem detaillierten Kommentar zu deren Text (Swansea 2020) und ist derzeit mit der Drucklegung von Kommentaren zu Dirae und Lydia beschäftigt. Daneben veröffentlichte er unter anderem eine Aufsatzsammlung zu anonymer Dichtung aus der griechisch-römischen Antike (Cambridge 2021).
Im Rahmen des Basel Fellowship in Latin Literature wird Boris Kayachev diese Forschungsinteressen weiterverfolgen, indem er sein Interesse dem Moretum, einem weiteren Gedicht der Appendix, zuwenden wird. Während das Moretum im Vergleich zu den anderen Gedichten der Sammlung recht wohlwollend rezipiert worden ist, war der Überlieferungszusammenhang des Gedichtes als Teil der pseudo-Vergilischen Sammlung seinem Verständnis abträglich. Im Rahmen einer umfassenden Kommentierung des Gedichtes zielt Boris Kayachev deshalb darauf, über die enge Interpretation des Gedichtes als einer Epos-Parodie (wie sie derzeit die Forschungsliteratur dominiert) hinauszugehen und stattdessen eine holistische Deutung des Moretum vorzulegen, die das Gedicht der Tradition der theokriteischen Bukolik zuordnet. Das Basel Fellowship ermöglicht es ihm, mit der kritischen Neuedition des Textes, einer englischen Übersetzung sowie textkritischen Erklärungen die Grundlage für eine solche Neubewertung zu schaffen.
Dr. Boris Kayachevs Forschungsaufenthalt in Basel fand vom 4. April bis 27. Juni 2022 statt.

Jared Hudson ist Associate Professor of Classics an der Harvard University. Seine Studien haben ihn an die Universitäten Yale, Cambridge (UK) und die University of California, Berkeley geführt, wo er 2013 promoviert wurde. Sein Hauptinteresse in Lehre und Forschung ist die lateinische Prosaliteratur in ihrem kulturellen Kontext, besonders in der Zeit der späten Republik und des frühen Prinzipats. Seine erste Monographie, The Rhetoric of Roman Transportation: Vehicles in Latin Literature (Cambridge 2021), widmet sich einer kulturellen Poetik des Verkehrs und Transports in der lateinischen Literatur und zeigt, welche Funktionen bestimmte Verkehrsmittel in unterschiedlichen Autoren und Genres haben. Jared Hudson ist besonders an marginalen und scheinbar unbedeutenden lateinischen Texten interessiert respektive an solchen, deren Kanonizität aus bestimmten Gründen infragesteht; so hat er jüngst Forschungsarbeiten zu Florus, Varro, Nepos und zur Appendix Sallustiana publiziert.
Im Rahmen des Basel Fellowship in Latin Literature arbeitet Jared Hudson an seinem aktuellen Buchprojekt unter dem Arbeitstitel Writing Latin Geography: Pomponius Mela’s Peripheral Vision. Dieses Projekt verbindet Hudsons Forschung zu wenig beforschten Texten mit seinem Interesse an der Darstellung des Raumes in lateinischen Texten, an der antiken Fachschriftstellerei und der griechisch-römischen Kultur der Epitomierung. Writing Latin Geography bietet eine literatur- und kulturwissenschaftliche Untersuchung der lateinischen geographischen Literatur, wobei der Schwerpunkt auf der einst kanonischen, heute aber weitgehend vernachlässigten Epitome De Chorographia aus dem ersten Jahrhundert unserer Zeit liegt. Es wird argumentiert, dass sich an Melas distinkter Form der geographischen Epitome, die in einer hoch rhetorisierten Kunstprosa ihren Ausdruck findet, eine zentrale Veränderung in der Art und Weise festmachen lässt, wie in Rom die Anlage der bekannten (und der weniger bekannten) Welt dargestellt wird. Damit zielt das Projekt auf die Neubewertung eines heutzutage kaum beforschten Werkes, das für die Entwicklung der geographischen Fachliteratur in lateinischer Sprache ebenso wie für römische Vorstellungen vom ‚globalen Raum‘ von zentraler Bedeutung ist.
Jared Hudsons Forschungsaufenthalt in Basel fand vom 28. April bis 3. Juli 2022 statt.

PD Dr. Ute Tischer ist als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Dresden tätig, wo sie aktuell an einem Projekt zur digitalen Modellierung von Invektive in antiker lateinischer Literatur arbeitet. In ihrer bisherigen Forschung hat sie sich mit Kommentaren und Scholien zu antiker Dichtung und besonders mit der antiken Vergilexegese beschäftigt; einen weiteren Schwerpunkt bildeten Konzepte und literarische Verfahren wie Anspielungen, Zitate, Kontext oder Autorschaft. In ihrer Habilitationsarbeit zu Zitat und Markierung. Signalisieren und Erfassen von Zitaten in römischer Prosa (in Vorbereitung für die Reihe „Hypomnemata“ bei V&R in Göttingen) untersucht sie das Konzept und die Normen des Zitierens bei verschiedenen römischen Prosaautoren, u.a. Cicero, Sueton und Aulus Gellius. Sie ist Mitherausgeberin einer Reihe von Sammelbänden, darunter zuletzt ut pictura poeta. Author Images and the Reading of Ancient Literature (Turnhout, forthcoming 2022).
In Basel wird sich ihre Forschungsarbeit auf die Rezeption der horazischen Ars poetica durch Quintilian richten. Ausgangspunkt ist ein Zitat im Einleitungsbrief zur Institutio oratoria, mit dem sich Quintilian für sein eigenes Prosawerk auf die von Horaz für Dichtung angeführten Grundsätze beruft. Auch sonst scheint Horazens Gedicht über Dichtung eine nicht unwichtige strukturelle und konzeptionelle Rolle für Quintilians systematisches Lehrbuch über die Prosarede gespielt zu haben, wie Zitate und Anspielungen auf verschiedenen Ebenen zeigen. In ihrer Untersuchung möchte Ute Tischer schließlich auch der Frage nachgehen, inwiefern Quintilians Lektüre der Ars poetica die Interpretation und Rezeption dieses in vielerlei Hinsicht irritierenden Gedichtes in der Folgezeit und bis in die Gegenwart beeinflusst hat.
PD Dr. Ute Tischers Forschungsaufenthalt in Basel fand vom 15. August bis 13. November 2022 statt.

Anna Anguissola ist Associate Professor in Klassischer Archäologie an der Universität Pisa. Vor ihrem Ruf nach Pisa lehrte und forschte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Prof. Anguissolas zentrales Forschungsgebiet ist die visuelle Kultur der griechisch-römischen Antike, wobei die Geschichte und Technik der antiken Skulptur, die Beziehung zwischen griechischer und römischer Kunst, Architektur und Stadtentwicklung sowie die Rezeption der antiken Kunst in späteren Zeiten Arbeitsschwerpunkte bilden. Daneben legte sie auch zahlreiche Veröffentlichen zum griechisch-römischen Diskurs über die bildenden Künste vor. Sie ist die Verfasserin von Supports in Roman Marble Sculpture: Workshop Practice and Modes of Viewing (Cambridge 2018), "Difficillima imitatio”. Immagine e lessico delle copie tra Grecia e Roma (Rom 2012), Intimità a Pompei: Riservatezza, condivisione e prestigio negli ambienti ad alcova di Pompei (Berlin-Boston 2010). Als Feldarchäologin koordiniert sie zudem Prospektionen und Ausgrabungen in Hierapolis (Phrygien) und in Pompeji.
Prof. Anguissolas aktuelles Forschungsprojekt gilt der Frage, wie Material und künstlerischer Prozess in den ‚Kunstbüchern‘ der Naturgeschichte Plinius d.Ä. konzeptualisiert werden. Diese Fragestellung nimmt auf aktuelle Entwicklungen in der Erforschung der griechisch-römischen Kunst Bezug, in der zunehmend die naturwissenschaftliche Analyse der in Skulpturen verwendeten Steine, Pigmente und Metalllegierungen sowie ein differenzierteres Verständnis der angewendeten Techniken und Arbeitsweisen zu einem radikalen Umdenken unseres Zugangs zu antiken Kunstwerken geführt und eine Revision archäologischer Theorien und Modelle erzwungen haben. Professor Anguissolas Projekt untersucht entsprechend, wie die Darstellung von Künstlern und Kunstwerken in Plinius‘ Naturgeschichte von Vorstellungen und Annahmen zu Wert, Eigenschaften und relativer Hierarchie unterschiedlicher Materialien resp. vom Wissen um bestimmte Arbeitsweisen geprägt werden. Es zeigt sich dabei, dass solche materiellen und performativen Aspekte von Kunst und Handwerk nicht nur einen zentralen Ort in Plinius’ Naturgeschichte innehaben, sondern auch ihrerseits modellbildend sind: Sie bilden die Grundlage für Plinius’ Konzeption und Erklärung von ‘intellektueller Arbeit’ und spezifisch für die Strategien, die er in seinem Versuch, die zentralen Eigenschaften der Natur zu dokumentieren, zur Anwendung bringt.
Prof. Anguissolas Forschungsaufenthalt in Basel hat vom 2. September bis 19. Oktober 2021 stattgefunden.

Nandini B. Pandey war Associate Professor of Classics an der University of Wisconsin-Madison und ist nun Associate Research Professor an der Johns Hopkins University.Sie verfolgt vielfältige Forschungsinteressen im Bereich der römischen Literatur und Kultur und ihres Nachlebens. Ihre Studien in Classics und Englischer Literatur haben sie ans Swarthmore College sowie an die Universitäten Oxford, Cambridge und Berkeley geführt (PhD, Berkeley 2011). Ihr erstes Buch, The Poetics of Power in Augustan Rome: Latin Poetic Responses to Early Imperial Iconography (Cambridge 2018), untersucht, inwiefern die römischen Dichter und ihre Leser zur Konstruktion augusteischer Herrschaft beitragen und diese einer ,Kritik von unten‘ unterziehen; es wurde mit dem 2020 CAMWS First Book Prize ausgezeichnet. Sie hat zudem zahlreiche wissenschaftliche Artikel und Arbeiten für ein breites Publikum veröffentlicht, insbesondere auch für das online-Magazin Eidolon.
Prof. Pandey hat im Rahmen des Basel Fellowship in Latin Literature an ihrem zweiten Buchprojekt gearbeitet: Die Monographie unter dem Arbeitstitel Diversitas: Negotiating Ethnic Difference in Imperial Rome (unter Vertrag bei Princeton University Press) nimmt die lateinische Literatur der frühen Kaiserzeit in den Blick und fragt nach den Vorstellungen und Praktiken, die den römischen Umgang mit ethnischer Pluralität in Literatur und Gesellschaft bestimmen. Pandey verbindet die genaue Analyse von Autoren wie Vergil, Ovid, Petron, Plinius d.Ä., Martial und Juvenal programmatisch mit der Untersuchung der materiellen Hinterlassenschaften der römischen Kultur und verfolgt so römische Begegnungen mit Diversität in der Stadt, in Speisesälen, Gärten, Schlafzimmern und im Circus. In solchen Räumen, argumentiert Pandey, wurden importierte Güter ebenso wie importierte Menschen zu Trägern epistemischer Diskurse: Im Umgang mit ihnen lernten einerseits viele Römer die demographische Vielfalt in ihrem Staat kennen und schätzen, während sie andererseits, im Modus der Metonymie, imperiale Verhaltenslogiken einübten. Die Untersuchung der lateinischen Literatur soll dabei aber auch für gegenwärtige Diskurse fruchtbar gemacht werden, indem sie aus einer historischen Perspektive das Verhältnis zwischen der Wertschätzung für Diversität und der Verschleppung, Ausbeutung und Verwertung von Menschen auslotet, die ‘anders’ sind.
Prof. Pandeys Forschungsaufenthalt in Basel fand vom 20. September bis 10. November 2021 statt.

Ábel Tamás unterrichtet am Lehrstuhl für Vergleichende Literaturwissenschaft der Loránd Eötvös Universität (ELTE, Budapest), in permanenter Kooperation mit dem Lehrstuhl für Latinistik. Wie u.a. seine Doktorarbeit (Catull und die Poetik der Medien, 2012) zeigt, stehen literaturtheoretische Methoden bzw. medien- und kulturwissenschaftliche Ansätze im Mittelpunkt seiner Forschung. Seine Interpretationen lateinischer Texte akzentuieren u.a. intertextuelle, narratologische, mediengeschichtliche und philologietheoretische Aspekte. In jüngerer Zeit hat er sich mit einer Poetik der Absenz bei Catull sowie Intertextualität bei Plinius d.J. beschäftigt. Dr. Tamás nimmt regelmäßig an altphilologischen und literatur- oder kulturwissenschaftlichen Forschungsprojekten teil und ist Mitherausgeber verschiedener Sammelbände (u.a. Kulturtechnik Philologie, Heidelberg 2011).
Das aktuelle Forschungsprojekt von Dr. Tamás – das er mit der Unterstützung der Basel Fellowships in Latin Literature wesentlich voranbringen konnte – thematisiert „Curiositas-Szenen in der römischen Literatur“. Es geht um die Interpretation einer Reihe unterschiedlicher literarischer Texte, die sich mit dem Phänomen der curiositas (‚Neugier‘) beschäftigen. Bei aller Unterschiedlichkeit lässt sich in diesen Texten ein gemeinsames Schema erkennen: Wer immer jemanden als curiosus/curiosa bezeichnet (ein Wort, welches das Bedeutungsspektrum der griech. Begriffe polypragmon und periergos umfasst), wird, so stellt es sich am Ende heraus, selbst als curiosus oder curiosa charakterisiert. „Curiositas-Szenen in der römischen Literatur“ zeigen, wie riskant es ist, an der literarischen Kommunikation teilzunehmen: Weder als Autor, Erzähler oder Sprecher noch als literarische Figur oder Leser kann man gänzlich den Eindruck vermeiden, dass man sich in die Angelegenheiten anderer einmischt. Die Kapitel der geplanten Monographie werden Texte von Catull, Cicero, Vergil, Tacitus, Plinius dem Jüngeren, Apuleius und Augustin behandeln.
Ábel Tamás' Forschungsaufenthalt in Basel fand vom 20. September bis 18. Dezember 2021 statt.
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